Amazon Today mit Ship-From-Store und wie sich diese zu Micro-Fulfillment entwickeln könnte 

Amazons neuester Vorstoß besteht darin, dass Prime-Mitglieder Produkte aus den Geschäften einiger ihrer Lieblingsmarken in der Amazon-App und auf Amazon.com zu kaufen und sich ihre Einkäufe noch am selben Tag nach Hause liefern zu lassen – und das alles mit nur einem Mausklick. 

Amazon Today Ship from Store Micro-Fulfillment-Center

Prime-Mitglieder in 10 ausgewählten US-Ballungszentren besuchen einfach die Amazon-App oder Amazon.com, durchsuchen die kuratierte Auswahl von Einzelhandelsgeschäften in ihrer Umgebung und wählen Same-Day Delivery. Amazon sendet die Bestellung an das Geschäft, der Mitarbeiter des Retailers führt sie aus dem Bestand des Geschäfts aus und ein Amazon-Zustellpartner holt die Bestellung im Store ab und liefert sie noch am selben Tag an den Kunden aus.

Next Level: Konsolidierung über Micro Fulfillment Center durch Amazon 

Amazon hat sicher verstanden, dass der oben beschriebene Prozess ineffizient und kostspielig ist. Deswegen wird Amazon vielleicht schon bald die nächste Stufe zünden: Einzelhändler davon überzeugen, ihr bestverkauftes Inventar in Amazons automatisierten Micro Fulfillment Center (MFC) zu lagern. Erste Signale lassen vermuten, dass der Ausbau von Micro-Fulfillment das nächste große Ding bei Amazon sein kann (z.B. sucht Amazon Robotics explizit Spezialisten mit dem Profil „Amazon Robotics seeks a customer obsessed and innovative Senior Electrical Engineer to lead the designs for our next generation fulfillment solutions enabling ultra-fast delivery from small footprint sites“). 

Anstatt einen Mitarbeiter in einem Ladengeschäft mit der Ausführung einer Bestellung zu beauftragen und auf einen Fahrer zu warten, könnte Amazon sein Netzwerk von automatisierten MFCs nutzen, um Produkte aus Dutzenden von Kategorien, darunter Waren des täglichen Bedarfs, Lebensmittel, Schönheitsprodukte, Haustiere, Spielzeug, Elektronik und Bekleidung, innerhalb von Minuten auszuführen.

Amazon könnte die Einzelhandelsgeschäfte mit Micro Fulfillment Center verdrängen, weil es ein besseres Modell ist. Walmart versucht sich bereits dafür zu wappnen. Auch Target hat die Parole „Store to Hubs“ ausgerufen und prüft MFC. 

Warum ist eine Micro-Fulfillment-Lösung allgemein für E-Commerce Entscheider relevant?

Hinter den MFC stehen zwei langfristige Trends, die auch für andere E-Commerce-Geschäfte genutzt werden können:

  • MFC nutzen massiv Automatisierungslösungen für logistische Kernprozesse, insbesondere Pick & Pack. Viele E-Commerce Operations Verantwortliche unterschätzen noch das Potenzial dieser Technologie-Lösungen wie Autostore etc. – zuletzt hat Arvato Supply Chain Solutions ein ebensolches System implementiert, obwohl sie das wahrscheinlich jahrelang abmoderiert, haben, mit dem Hinweis auf eingeschwungene Prozesse mit menschlichen Mitarbeitern.  
  • Die große Richtungsentscheidung zwischen „Speed vs. Flexibilität“ auf der Last-Mile haben die KundenInnen klar entschieden: schnellere Lieferungen sind entscheidend. Quick Commerce, Gorilla & Co lassen grüßen! Auch jeder Online-Shop Betreiber sollte sich überlegen, wie er mit seinen Bordmitteln und Carriern eine „Express-Option“ für seine Kunden anbieten kann. 

Was bedeutet eigentlich „Micro-Fulfillment“?

Micro-Fulfillment bezieht sich hauptsächlich auf die Entwicklung kleinerer Fulfillment-Center, komprimiert auf kleinstem Raum mitten in der Stadt. Micro-Fulfillment umfasst die üblichen Funktionen wie Lagern, Sortieren, Kommissionierung (mit und ohne Behälter), Verpacken, Etikettieren und Vorbereitung zur Auslieferung von Online-Bestellungen. In den letzten Jahren hat es eine deutliche Verschiebung hin zum Einsatz automatisierter Systeme gegeben. Dazu gehört die Automatisierung der gesamten Prozesskette, einschließlich der Warehouse-Logistics und Supply Chain. Ziel sind blitzschnelle Lieferungen auf Basis einer vollautomatischen Lösung. 

Der Begriff MFC wird oft synonym mit „letzte Meile“ verwendet. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der Schwerpunkt hier vor allem auf dem letzten Schritt der Lieferkette kurz vor Übergabe an den Last-Mile-Carrier liegt. 

Abgrenzung zwischen Fulfillment und Microfulfillment

Micro-Fulfillment (auch Micro-Fulfillment-Lösung genannt) wird oft mit Fulfillment verwechselt, da sich beide Begriffe auf Logistik und Lagerhaltung beziehen. Beim Micro Fulfillment Center werden jedoch keine großen Lagerkapazitäten benötigt. Vielmehr setzt Micro-Fulfillment aus Lagerräume, die wesentlich kleiner sind als in der Logistik. Sie sind in der Regel zwischen 50 und 1.000 Quadratmeter groß. Sie sind auch billiger als herkömmliche Lagerhäuser, weil sie nicht die gleichen Sicherheitsanforderungen erfüllen müssen wie große Lagerhäuser.

Der Fokus: schnelle Auftragsabwicklung. Manuelle Prozesse sind zu minimieren. Mobile Roboter, Lagertechnik mit hohen Automatisierungsgrad kommen im gesamten Prozess zum Einsatz. 

Was gehört zum Micro-Fulfillment?

In erster Linie benötigt man geeignete Räumlichkeiten, die als Lager dienen oder Lagerfunktionen übernehmen. Die Bestände dieser Läger müssen dann in ein übergeordnetes System (ERP, WWS, OMS) integriert werden, um Online-Bestellungen entsprechend erfüllen zu können. Ebenso muss der Versand entsprechend organisiert sein, mit klassischen KEP-Dienstleistern oder lokalen Transportunternehmen/Kurierdienstleistern. Die Automatisierung bestimmter Prozessschritte und Abläufe muss auch anders gelöst werden als in einem klassischen großen Fulfillment-Center. Aus diesen unterschiedlichen Prozessherausforderungen lassen sich drei Typen an Microfullfilment ableiten:

  • Klassisches Fulfillment aus urbanen Raum heraus: ein typisches Lager mit herkömmlichen Funktionalitäten, allerdings in urbaner Umgebung und in deutlich kleinerer Ausführung (weit unter einer Fläche von 2000 m²).
  • Stationäres Fullfillment (Ship from store): Stationäre Ladengeschäfte eingebunden in das Fulfillment von etwa Online-Shops beziehungsweise -Marktplätzen, wo Bestellungen getätigt und zur kundennahen Erfüllung an die Läden weitergegeben werden (eben das eingangs vorgestellte Amazon Today Programm) 
  • Quick Commerce / Quick Fulfillment: Auch ultra-schnelle Lieferung genannt; wird vor allem bei Lebensmitteln sowie Medikamenten eingesetzt. Bei diesem Typ besitzen und kontrollieren die Anbieter die gesamte Prozess- und Lieferkette. Dazu können Immobilien, Software und eine Kurierflotte gehören, also von der Lagerhaltung und (Weiter-)Verarbeitung bis zur eigentlichen Lieferung eine ideale Lösung. 
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