Kategorie: Logistik

  • Die ewige Diskussion um Hermes und DHL

    Die Wahl des richtigen Versanddienstleisters ist eine der klassischen Diskussionen, die in der Welt des E-Commerce immer wieder aufkeimen. Hermes oder DHL? Oder vielleicht doch DPD oder ein ganz anderer Anbieter? Es scheint, als wären wir ständig auf der Suche nach dem perfekten Carrier – und in dieser Suche spiegelt sich eine tiefere Problematik wider, die wir in der heutigen Wirtschaft immer wieder finden: Die Frage, wie viel Entscheidungsmacht wir dem Kunden überlassen sollen. In Zeiten von „Customization“ und „Customer Empowerment“ erscheint es doch logisch, dem Kunden die Wahl zu lassen. Und dennoch zeigt die Praxis, dass diese Entscheidung mehr ist als nur eine Checkbox im Checkout-Prozess.

    Big Picture

    Man könnte sagen: Die Diskussion über Hermes und DHL ist sinnbildlich für die Art und Weise, wie wir in der modernen Ökonomie über Verantwortung und Selbstbestimmung debattieren. Während der eine Carrier eher den Ruf hat, mit verbeulten Lieferwagen und schlecht ausgebildetem Personal zu kommen, steht der andere für vermeintliche Höflichkeit und Zuverlässigkeit. Doch diese Polarisierung, diese Vereinfachung der Realität, führt am eigentlichen Thema vorbei. Wie Lotter es in seinen Arbeiten immer wieder betont, geht es nicht um das Entweder-Oder, sondern um die Komplexität der Entscheidung selbst.

    Hands-On: Die Optionen zusammengefasst

    1. Ein Carrier pro Land oder Gewichtsklasse: Dies mag der einfachste Weg sein, sorgt aber in der Realität häufig für Frustration – sowohl beim Kunden als auch im Backend. Denn dieser Ansatz ignoriert die Vielfalt und den individuellen Bedarf, der heute in der Wissens- und Netzwerkökonomie so entscheidend ist.
    2. Mehrere Carrier, aber der Online-Shop wählt sie aus: Hier steht der Shop-Betreiber vor der Herausforderung, den „richtigen“ Carrier basierend auf Verfügbarkeit, Servicelevel und Konditionen zu wählen. Dieser Ansatz gibt die Verantwortung dem Händler, bietet jedoch wenig Flexibilität für den Endkunden – und in einer Zeit, in der Konsumenten zunehmend erwarten, aktiv in den Entscheidungsprozess eingebunden zu werden, stößt dies auf Grenzen.
    3. Mehrere Carrier, der Kunde wählt im Checkout: Dies scheint auf den ersten Blick das Idealbild einer modernen E-Commerce-Strategie zu sein. Doch auch hier lauern Fallstricke. Die Illusion der Wahlfreiheit, die oft mit mehr Komplexität und Unsicherheit beim Endkunden einhergeht, kann das Einkaufserlebnis verschlechtern, wenn sie nicht richtig implementiert wird.

    Letztlich geht es in dieser Diskussion nicht nur um Effizienz und Servicequalität. Es geht darum, zu verstehen, dass der Kunde in einer immer stärker vernetzten Welt mehr erwartet als bloße Optionen. Er erwartet Zusammenhänge, die ihm gezeigt werden müssen – nicht nur in Form von Carrier-Optionen, sondern als integraler Bestandteil eines nahtlosen und verständlichen Shopping-Erlebnisses​​.

  • Kostensenkung im E-Commerce: Selektive Stärkung statt Kahlschlag

    Laut unserer Erfahrung haben 80 % aller E-Commerce Unternehmen als Reaktion auf die E-Commerce Krise ihre Ausgaben gekürzt. Nur die Hälfte der Entscheider gehen davon aus, dass Kostensenkungen ihrem Unternehmen während der Rezession tatsächlich zugutekommen. Trotzdem kürzen die Konzerne weiter. Eine Kürzung der Ausgaben funktioniert kurzfristig in der Regel gut; schließlich möchte jede Führungskraft, dass ihre Firma überlebt (Übersicht zu Insolvenzen im E-Commerce).  

    Eine solche Strategie ist jedoch auf lange Sicht nicht klug. Die Krise sollte dazu führen, dass bestimmte Bereiche des Unternehmens selektiv gestärkt werden, während andere gekürzt werden. Zum Beispiel muss jedes E-Commerce Unternehmen weiter in Technologie investieren. Auch die Operations sollten die Online-Shops stärken, da diese häufig unterhalb des Branchenstandards agieren. Dadurch werden wichtige Kunden eher verprellt als angelockt. 

    Kosteneinsparung nutzen, um strategische Bereiche selektiv zu stärken

    Unternehmen sollten jede Restrukturierung mit der Frage beginnen, ob sie die Wertschöpfungskette so umstrukturieren könnten, dass es die aktuellen Marktbedingungen besser ausnutzt. Wenn das Unternehmen Geld verliert, weil es Produkte verkauft, die die Verbraucher nicht mehr ansprechen, kann es diese Produkte möglicherweise Stück für Stück aus dem Sortiment nehmen und dadurch den Deckungsbeitrag steigern. 

    Oder wenn das Unternehmen Probleme hat, weil es nicht effektiv mit Logistik oder Customer Care konkurrieren kann, kann es möglicherweise die Ausgaben reduzieren, indem es diese Einrichtungen schließt und diese fremdvergibt (Kostensenkung im E-Commerce durch Make-or-Buy Entscheidungen). Ansonsten sollten Unternehmen überlegen, wie sie unter zukünftigen wirtschaftlichen Umständen abschneiden würden. Wenn etwa die Zinssätze dramatisch steigen, könnte ein Unternehmen, das in den letzten zehn Jahren hohe Kredite aufgenommen hat, möglicherweise nicht mehr in der Lage sein, seine Schulden zurückzuzahlen. Hier sollte mit einem proaktiven Risikomanagement frühzeitig gegengesteuert werden.

    Insights aus einem E-Commerce Kostensenkungsprogramm

    Um die Gemeinkosten zu reduzieren, haben wir die Bereiche analysiert, in denen der Online-Shop Geld ausgibt, und Möglichkeiten gefunden, Geld zu sparen. Dazu haben wir die Größe des Personals in Verwaltung und Personalplanung reduziert und unnötige Stellen gestrichen. Wir haben auch überlegt, ob wir bestimmte Jobs auf Telearbeiter oder Vertragsdienstleister verlagern sollten, anstatt Vollzeitkräfte einzustellen. Weiterhin haben wir die Lieferketten- und Logistiksysteme überprüft, um zu sehen, welche Verbesserungen wir vornehmen könnten, um die Lieferzeiten zu verkürzen und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Ein Schlüsselkonzept hier ist ein stärker datengetriebener Forecast-Prozess, der die Forecast-Genauigkeit deutlich erhöht hat und unnötige Personalbereitstellung zu Peaks und Wochenend-Schichten um 25 % reduzieren konnte. Schließlich haben wir die Wirksamkeit der Marketingkampagnen untersucht und einen stärkeren Shift zu Online-Performance Kampagnen sichergestellt. Diese Änderungen führten zu erheblichen Reduzierungen der Betriebskosten.

    Intelligente Kostensenkung im E-Commerce

    Intelligente Kostensenkung bedeutet nicht zwangsläufig, das gesamte Ausmaß der Einsparungen zu reduzieren. Indem der Schwerpunkt jedoch weg von der Organisationsstruktur hin zu aktuellen und zukünftigen strategischen Zielen verlagert wird, ermöglicht es klügere Einsparungen. 

  • Amazon Today mit Ship-From-Store und wie sich diese zu Micro-Fulfillment entwickeln könnte 

    Amazons neuester Vorstoß besteht darin, dass Prime-Mitglieder Produkte aus den Geschäften einiger ihrer Lieblingsmarken in der Amazon-App und auf Amazon.com zu kaufen und sich ihre Einkäufe noch am selben Tag nach Hause liefern zu lassen – und das alles mit nur einem Mausklick. 

    Amazon Today Ship from Store Micro-Fulfillment-Center

    Prime-Mitglieder in 10 ausgewählten US-Ballungszentren besuchen einfach die Amazon-App oder Amazon.com, durchsuchen die kuratierte Auswahl von Einzelhandelsgeschäften in ihrer Umgebung und wählen Same-Day Delivery. Amazon sendet die Bestellung an das Geschäft, der Mitarbeiter des Retailers führt sie aus dem Bestand des Geschäfts aus und ein Amazon-Zustellpartner holt die Bestellung im Store ab und liefert sie noch am selben Tag an den Kunden aus.

    Next Level: Konsolidierung über Micro Fulfillment Center durch Amazon 

    Amazon hat sicher verstanden, dass der oben beschriebene Prozess ineffizient und kostspielig ist. Deswegen wird Amazon vielleicht schon bald die nächste Stufe zünden: Einzelhändler davon überzeugen, ihr bestverkauftes Inventar in Amazons automatisierten Micro Fulfillment Center (MFC) zu lagern. Erste Signale lassen vermuten, dass der Ausbau von Micro-Fulfillment das nächste große Ding bei Amazon sein kann (z.B. sucht Amazon Robotics explizit Spezialisten mit dem Profil „Amazon Robotics seeks a customer obsessed and innovative Senior Electrical Engineer to lead the designs for our next generation fulfillment solutions enabling ultra-fast delivery from small footprint sites“). 

    Anstatt einen Mitarbeiter in einem Ladengeschäft mit der Ausführung einer Bestellung zu beauftragen und auf einen Fahrer zu warten, könnte Amazon sein Netzwerk von automatisierten MFCs nutzen, um Produkte aus Dutzenden von Kategorien, darunter Waren des täglichen Bedarfs, Lebensmittel, Schönheitsprodukte, Haustiere, Spielzeug, Elektronik und Bekleidung, innerhalb von Minuten auszuführen.

    Amazon könnte die Einzelhandelsgeschäfte mit Micro Fulfillment Center verdrängen, weil es ein besseres Modell ist. Walmart versucht sich bereits dafür zu wappnen. Auch Target hat die Parole „Store to Hubs“ ausgerufen und prüft MFC. 

    Warum ist eine Micro-Fulfillment-Lösung allgemein für E-Commerce Entscheider relevant?

    Hinter den MFC stehen zwei langfristige Trends, die auch für andere E-Commerce-Geschäfte genutzt werden können:

    • MFC nutzen massiv Automatisierungslösungen für logistische Kernprozesse, insbesondere Pick & Pack. Viele E-Commerce Operations Verantwortliche unterschätzen noch das Potenzial dieser Technologie-Lösungen wie Autostore etc. – zuletzt hat Arvato Supply Chain Solutions ein ebensolches System implementiert, obwohl sie das wahrscheinlich jahrelang abmoderiert, haben, mit dem Hinweis auf eingeschwungene Prozesse mit menschlichen Mitarbeitern.  
    • Die große Richtungsentscheidung zwischen „Speed vs. Flexibilität“ auf der Last-Mile haben die KundenInnen klar entschieden: schnellere Lieferungen sind entscheidend. Quick Commerce, Gorilla & Co lassen grüßen! Auch jeder Online-Shop Betreiber sollte sich überlegen, wie er mit seinen Bordmitteln und Carriern eine „Express-Option“ für seine Kunden anbieten kann. 

    Was bedeutet eigentlich „Micro-Fulfillment“?

    Micro-Fulfillment bezieht sich hauptsächlich auf die Entwicklung kleinerer Fulfillment-Center, komprimiert auf kleinstem Raum mitten in der Stadt. Micro-Fulfillment umfasst die üblichen Funktionen wie Lagern, Sortieren, Kommissionierung (mit und ohne Behälter), Verpacken, Etikettieren und Vorbereitung zur Auslieferung von Online-Bestellungen. In den letzten Jahren hat es eine deutliche Verschiebung hin zum Einsatz automatisierter Systeme gegeben. Dazu gehört die Automatisierung der gesamten Prozesskette, einschließlich der Warehouse-Logistics und Supply Chain. Ziel sind blitzschnelle Lieferungen auf Basis einer vollautomatischen Lösung. 

    Der Begriff MFC wird oft synonym mit „letzte Meile“ verwendet. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der Schwerpunkt hier vor allem auf dem letzten Schritt der Lieferkette kurz vor Übergabe an den Last-Mile-Carrier liegt. 

    Abgrenzung zwischen Fulfillment und Microfulfillment

    Micro-Fulfillment (auch Micro-Fulfillment-Lösung genannt) wird oft mit Fulfillment verwechselt, da sich beide Begriffe auf Logistik und Lagerhaltung beziehen. Beim Micro Fulfillment Center werden jedoch keine großen Lagerkapazitäten benötigt. Vielmehr setzt Micro-Fulfillment aus Lagerräume, die wesentlich kleiner sind als in der Logistik. Sie sind in der Regel zwischen 50 und 1.000 Quadratmeter groß. Sie sind auch billiger als herkömmliche Lagerhäuser, weil sie nicht die gleichen Sicherheitsanforderungen erfüllen müssen wie große Lagerhäuser.

    Der Fokus: schnelle Auftragsabwicklung. Manuelle Prozesse sind zu minimieren. Mobile Roboter, Lagertechnik mit hohen Automatisierungsgrad kommen im gesamten Prozess zum Einsatz. 

    Was gehört zum Micro-Fulfillment?

    In erster Linie benötigt man geeignete Räumlichkeiten, die als Lager dienen oder Lagerfunktionen übernehmen. Die Bestände dieser Läger müssen dann in ein übergeordnetes System (ERP, WWS, OMS) integriert werden, um Online-Bestellungen entsprechend erfüllen zu können. Ebenso muss der Versand entsprechend organisiert sein, mit klassischen KEP-Dienstleistern oder lokalen Transportunternehmen/Kurierdienstleistern. Die Automatisierung bestimmter Prozessschritte und Abläufe muss auch anders gelöst werden als in einem klassischen großen Fulfillment-Center. Aus diesen unterschiedlichen Prozessherausforderungen lassen sich drei Typen an Microfullfilment ableiten:

    • Klassisches Fulfillment aus urbanen Raum heraus: ein typisches Lager mit herkömmlichen Funktionalitäten, allerdings in urbaner Umgebung und in deutlich kleinerer Ausführung (weit unter einer Fläche von 2000 m²).
    • Stationäres Fullfillment (Ship from store): Stationäre Ladengeschäfte eingebunden in das Fulfillment von etwa Online-Shops beziehungsweise -Marktplätzen, wo Bestellungen getätigt und zur kundennahen Erfüllung an die Läden weitergegeben werden (eben das eingangs vorgestellte Amazon Today Programm) 
    • Quick Commerce / Quick Fulfillment: Auch ultra-schnelle Lieferung genannt; wird vor allem bei Lebensmitteln sowie Medikamenten eingesetzt. Bei diesem Typ besitzen und kontrollieren die Anbieter die gesamte Prozess- und Lieferkette. Dazu können Immobilien, Software und eine Kurierflotte gehören, also von der Lagerhaltung und (Weiter-)Verarbeitung bis zur eigentlichen Lieferung eine ideale Lösung. 
  • Lesenswert: Analysten zu Amazon Zahlen Q1/2021

    Amazon Quartalszahlen Q1 2021
    Quelle: Twitter Jochen Krisch

    Landläufige Meinung: Kunden zeigen wieder mehr Kaufverhalten wie vor der Pandemie. Im Ergebnis hätte man auch bei Amazon einen sich abschwächenden Wachstumseffekt vermuten können. Um so mehr beeindrucken die Amazon Quartalszahlen für Q1 / 2021. Die Veränderung des „Shift-to-Online“ ist anscheinend dauerhaft und ein Fingerzeig für den Handel von morgen.

    Bestes erstes Quartal, zweitstärkstes Quartal überhaupt seit Gründung von Amazon (Bestes Quartal: Q4/2020)

    Quelle: Forbes Analyse der Amazon Quartalszahlen

    Zeigt die „staying power“ des sich dauerhaft verändernden Kaufverhaltens Richtung Online

    Quelle: Poonam Goyal, Bloomberg

    200 Millionen zahlende Prime-Kunden, 3.000 US-Dollar durchschnittlicher Pro Prime-Kunde Umsatz

    Quelle: Morgan Stanley via NYTimes

    Operations haben positiven Einfluss auf Kosteneffizienz: Logistikzentren nahe aber nicht über Lieferkapazität, Fahrer bei Amazon Logistics machen mehr Stops in gleicher Zeit, +44% verkaufte Artikel, aber Fulfillment-Kosten für diese nur +31%

    Quelle: NYTimes
  • Do the unexpected: was es mit Amazon Logistik und Shopping Malls auf sich hat

    Was sind die News zu Amazon Logistik?

    Leerstehende Shopping Malls werden von Amazon aufgekauft und zu Logistik- und Versandzentren umgebaut. Nicht zuletzt durch den COVID19-beschleunigten “Rush to E-Commerce” mussten nach und nach Shopping Malls in den USA schließen und stehen leer. Diese Opportunität hat Amazon genutzt und alleine im März 2021 in drei Städten in Summe 350.000 Quadratmeter Lagerfläche umgebaut.

    Amazon Logistik tut das nicht von ungefähr, schon in den Jahren zuvor wurden 25 solcher Shopping Malls in Warehouses umgewandelt – offensichtlich erfolgsbringend und mit hoher Lean Logistics Kompetenz.

    Ein Blick in die Zukunft: Analysten gehen davon aus, dass bis Ende 2021 jede Zweite der kleineren Malls in den USA ihren Betrieb einstellen wird müssen. Parallel dazu wird die Zahl von Fulfillment Centern bei Amazon alleine in diesem Jahr um mehr als 50% steigen. Auf dem Weg, seinen Prime-Lieferservice skalieren zu können, benötigt Amazon bald Hunderte Fulfillment Center. 

    Warum ist das für den Online-Handel relevant?

    Die leerstehenden Malls sind also ein smarter Schachzug! Kaufmännisch sind solche Deals besonders interessant, da die vom Wegfall der Einnahmen durch die Shopping Malls betroffenen Gemeinden mit Sicherheit Anreize setzen. Mit Subventionen, Steuerersparnissen etc. wird der Deal für Amazon im Vergleich zu Neubau-Optionen zu einer günstigen, und vor allem schnell zu realisierenden Alternative.

    Auch für Amazon Logistik in Deutschland ist Kapazität das entscheidende Thema.

  • Amazon, Flugzeuge und was das für den Online-Handel bedeutet

    Was sind die News?

    Amazon übernimmt Schritt-für-Schritt die gesamte Transportkette – nicht nur auf der letzten Meile sondern auch auf der ersten, konkret in der Luftfracht. Dabei agierte Amazon bisher ganz „asset-light“. Weder die Flugzeuge, noch die Crews waren Teil von Amazon, noch nicht einmal Luftverkehrsbetreiberzeugnisse besaß Amazon. Somit war Amazon eine rein virtuelle Luftfrachtgesellschaft, die de facto nur den Frachtraum vermarktete. Amazon setzte auf das in der Branche bekannte ACMI-Leasingmodell (Aircraft, Crew, Maintenance, Insurance) und ließ die Maschinen von Subunternehmern wie ATSG oder Atlas Air fliegen.

    Doch jetzt ändert Amazon seine Frachtstrategie und lässt auf eigenen Namen und Bücher Frachtflugzeuge entsprechend registrieren. In Leipzig sucht Amazon sogar 200 Mitarbeiter für den Ausbau der Bodenabfertigung für Übersee-Luftfracht. Das dürften schlechte News für DHL sein, die bisher für Amazon Luftfracht zwischen USA und Europa fliegen. Ein Schelm wer Böses denkt: Dieses Geschäft wird schon bald durch Amazon selbst betrieben!

    Warum ist das für den Online-Handel relevant?

    Luftfracht wird gerade durch Corona immer teurer. Eigentlich verrückt: Auf der einen Seite stehen die großen Passagiergesellschaften kurz vor dem Ruin – und Cargo-Kapazitäten sind knapp. Durch die bevorstehende Verteilung eines Covid-19 Impfstoffes werden diese sogar noch weiter verknappt werden. Die Charter- und Leasingraten werden weiter steigen und damit auch die Preise für Luftfracht. Genau dagegen will sich Amazon schützen! Online-Händler die für Direct Injection z.B. in die USA oder auch für ihre Supply Chains auf entsprechende Beiladekapazität angewiesen sind, sollten über frühzeitige Neuverhandlung ihrer Konditionen mit Forwardern etc. nachdenken.