Kategorie: Logistik

  • Dropshipping – Beispiele und Erfolgsfaktoren

    Dropshipping bewährt sich seit einiger Zeit im E-Commerce und Direct to Consumer. Es bietet auch etablierten Händlern viele Vorteile: Sie können ihr eigenes Sortiment kostengünstig und ohne großes Risiko erweitern. Die Lagerung und der Versand erfolgt durch sogenannten Dropshipper (meist ein Hersteller oder Großhändler). Sobald ein Kunde einen Artikel bestellt, leitet der Händler diese Bestellung an den Dropshipper weiter. Dieser versendet den Artikel direkt an den Kunden, üblicherweise ohne dabei als Versender aufzutreten.

    Gerade aus der Einkaufs-Perspektive ermöglicht Dropshipping eine agile Sortimentserweiterung

    • Gezielt neue Sortimente online und auch stationär verfügbar machen
    • Long-Tail in bestehenden Categories ohne größeres Risiko
    • Risikofreies Testen neuer Sortimente, z.B. angepasst auf Nachfrage, Wetter, Trends etc.
    • Längere Verweildauer und höhere Conversions durch Bespielen neuer Marken und Themen im Online-Shop

    Neben dieser Perspektive, stellt Dropshipping auch operativ eine Ausprägung des Lean E-Commerce Managements dar.

    Best-Practice Beispiel aus der Möbel-Branche: Zanui statt Wayfair

    In vielen Branchenanalysen wird Wayfair als ein Dropshipping-Champion gesehen. Allerdings: Wayfair baut massiv eigene Läger auf, erweitert seine Kompetenz für Lean Logistics, um den Versand als wesentlichen Hebel für besseres Kundenerlebnis im Online-Möbelgeschäft mehr in der Hand zu haben. Stattdessen ist in der Möbel-Branche ZANUI aus Australien wesentlich interessanter:

    • Zanui verkauft neben Artikeln aus eigenen Lagern auch via Dropshipping (ca. 60% Umsatzanteil)
    • Ca. 250 Lieferanten mit in Summe mehreren tausend Artikeln
    • Hohe Heterogenität bei angeschlossenen Partnern (von 10 Artikeln bis zu 3.000 gelistete Produkte je Lieferant)
    • Aktive Ansprache aller Lieferanten, teilweise persönlich, und dadurch starke Bindung an Zanui als Plattform so dass daraus teilweise Eigenmarken-Kollektionen entstanden sind

    Operative Dropshipping-Anbindung muss vom Lieferanten her gedacht werden

    Damit Dropshipping auch operativ ein Erfolg wird: möglichst einfache Anbindung für den Lieferanten. Gerade hier machen es viele Händler ihren Partner noch zu schwer! Beispiel sind veraltete EDI-Systeme zur Anbindung oder hoher manueller Aufwand in der nicht massentauglichen Produktdatenpflege.

    Dabei gibt es durchaus Standard-Systeme am Markt die sich nutzen lassen und auch in bei den Prozessen lassen sich viele Best-Practices abschauen (siehe Teil 2- Dropshipping – Systeme, Prozesse und Organisation)

  • Shippeo: Predictive Track & Trace

    Gerade beim E-Commerce mit sperrigen Gütern sind fehlende Track & Trace Daten der Spediteure ein häufiges Ärgernis. Für Kunden: nur sehr grobe Anlieferzeitfenster, z.B. Nachmittags zwischen 13 und 17 Uhr – Für Online-Shops: dieselben Fragen und Beschwerden im Kundenservice

    Hintergründe zum Ansatz von Shippeo

    Shippeo haben eine Plattform gebaut, die Spediteuren und Frachtführern die Chance gibt, ihre Transportströme in Echtzeit zu verfolgen. Das erfolgt nicht reaktiv über manuelle Eingaben, sondern mittels Machine Learning auch bis zu 30 Stunden in die Zukunft. Die Software berechnet aufgrund aktueller Straßen- und Verkehrsage eine voraussichtliche Ankunftszeit. Neben dem Einsatz in B2B bietet Shippeo auch eine spezielle Extension für Carrier / KEP etc. mit Endkundenbelieferung an.

  • Permanente Inventur mittels Drohne

    Inventuren sind ein dauerndes Ärgernis in der Lagerlogistik. Die Verfahren wie Stichtagsinventur sind zeitaufwendig. Oft wird zusätzliches Personal benötigt, es kommt zum Stillstand des eigentlichen Pick, pack and ship etc.

    Das Fraunhofer Institut hatte im Rahmen eines Forschungsprojekts die Drohne InventAIRy entwickelt, die Lagerbestände automatisch lokalisiert und inventarisiert. Dazu wurden autonome Flugroboter mit einer Sensorik ausgestattet. Die Sensoren sorgen dafür, dass die Flugroboter ihre Umgebung selbständig wahrnehmen und analysieren sowie Barcodes und RFID-Chips auslesen können. 

    Das Projekt hat es nun zu einer Ausgründung gebracht – die Deutsche Verkehrszeitung DVZ hat in einem lesenswerten Artikel ein paar Vor- und Nachteile zusammengetragen.

  • First Mile: Anbieterüberblick

    FreightHub, InstaFreight, Loadfox und SevenSenders  – sie sprießen überall und immer schneller aus dem Boden: Startups, die die verschiedenen Schritte der Spedition und Fracht (See- und Luftfracht, Schienengüterverkehr, Lastwagentransporte) atomisieren und mittels Technologie neu zusammensetzen. Und was macht die etablierte Branche? Schaut zu und wundert sich…

    So hat eine aktuelle Studie von McKinsey, Kühne Nagel University und Google ergeben, dass immer mehr Firmenkunden aktiv bei Google nach relevanten Suchbegriffen suchen – aber nur auf ein schmales Online-Angebot treffen: nur 6% der 18 größten Seefrachter und Speditionen bieten durchgehende Online-Buchungsmöglichkeiten an.

    Da haben die Plattformen leichtes Spiel: Sofort-Preisangebote, Realtime-Buchung online und komplette Abwicklung über E-Payment sind nur einige der Features, die immer mehr den Kundenzugang abschöpfen werden.

  • Ocado: Händler betreibt Fulfillment für Händler

    Vor wenigen Tagen wurde ein ganz besonderer Deal zwischen der US-Supermarkt-Kette Kroger und dem UK-Online-Supermarkt Ocado bekannt, der erstaunlicherweise kaum Nachhall findet in der deutschen Szene. Dabei ist dieser Deal auch für DTC / E-Commerce allgemein richtungsweisend.

    Ocado Fulfillment Center

    Was ist passiert?

    Die größte US-Supermarkt-Kette Kroger (drittgrößter Einzelhändler überhaupt in den USA) hatte schon Mitte 2018 eine tiefgreifende Technologie- und Fulfillment-Partnerschaft mit Ocado verkündet. Jetzt wurden beeindruckende Details dazu veröffentlicht: Kroger wird in den nächsten drei Jahren ganze 20 Fulfillment-Center von Ocado in den USA errichten und betreiben lassen.

    Warum ist das spannend?

    1. Kroger hat die besondere Bedeutung von Lean Logistics als Erfolgsfaktor erkannt. Gerade im E-Food sind die Operations „der Make-it-or-Brake-it-Faktor“
    2. In Deutschland noch oft belächelt, hat Ocado mit seiner Smart Platform unter Beweis gestellt: ein Händler-getriebenes Prozess- und Technologiepaket als kaufbare Lösung am Markt birgt besondere Innovationspotentiale. Kroger hätte auch versuchen können mit externen Logistik- und Automatisierungsdienstleistern etwas aufzubauen, aber eben die extreme Praxisnähe und Betriebstauglichkeit überwiegt dann doch.
    3. Es ist eine Abkehr von dem bisherigen Ship-from-(Dark-)Store Konzept, bei dem Kroger die Online-Bestellungen in den Filialen selber gepickt hat und mittels Instacart und Shipt versendet hatte. Auch wenn es bereits Pläne gab, diese Services weiter auszubauen, bleibt es hier spannend, ob diese Services nun stärker depriorisiert werden.

    Und warum ist das für die deutsche E-Commerce Szene spannend?

    Nun, ganz einfach: Während REWE erstmal selber versucht ein „Ocado-like“ Fulfillment Center hochautomatisiert zu bauen und zu betreiben – stellt sich nicht nur für Jochen Krisch, sondern auch mich, die Frage:

  • Last-Mile: Pick8Ship als Vision oder Alternative zu DHL?

    Pick8Ship schickt sich an, die Versandlogistik radikal neu zu denken. Was steckt dahinter? Mit den aktuellen Infos noch etwas sehr spekulativ, aber meiner Einschätzung nach: Ähnlich dem „Container-Moment“ versucht das Startup den Ladungsträger in der B2C-Logistik zu standardisieren. Dazu werden Mehrweg-Behälter genutzt, in die Online-Bestellungen integriert werden. Diese Behälter ließen sich somit wesentlich einfacher im Versandwarehouse des Online-Händlers, in der Sortierung bei den Carriern und auf den Lieferfahrzeugen auf der „last-mile“ nutzen. 

     

    Aber Moment mal – macht das z.B. Memo nicht schon genauso?

    Seit 2007 schon nutzt der Büroversender Memo die grüne Mehrweg-Versandbox – und hat dafür auch einen Logistik-Preis des BVL eingesammelt im letzten Jahr.

    Quelle: memoworld.de

    Klar, die Unterschiede sind offensichtlich: Pick8Ship will nicht nur die 1:1-Beziehung über die Box abdecken, sprich nicht nur ein Händler befüllt für einen Endkunden eine Box, sondern in deren Mehrwegbehältern werden wohl mehrere Sendungen konsolidiert. Außerdem bin ich gespannt auf die Innovation die sich hinter „Automatisiert: beladen, sortieren, transportieren direkt im Wagen“ verbirgt. Damit wird das ganze stehen und fallen.

    In jedem Falle zeigt das Ganze, dass Jochen Krisch & Marcel Weiss mal wieder den richtigen Riecher bewiesen haben. Schon seit 2-3 Jahren nehmen die beiden das Thema regelmäßig in den Exchanges und dem Blog in den Fokus. Oft wurden sie von den vermeintlichen Branchen-Experten belächelt – jetzt bin ich umso mehr gespannt, welche disruptiven Lösungen sie noch so alles auftun werden.