Kategorie: Analysen

  • Digitale DNA: Die sieben besten Methoden von Amazon und wie Führungskräfte sie umsetzen können

    Auf dem Weg zu (mehr) digitaler DNA stellt sich für viele Entscheider die Frage: wie können wir diese im Unternehmen und, noch wichtiger, in den Köpfen der Mitarbeiter verankern? Amazon hat erkannt, dass es hierfür relativ einfach umzusetzende Mechanismen gibt, die nötig sind – anstatt hier nur auf gute Vorsätze zu setzen.

    Mechanismen statt Prozesse

    Das oft zitierte Flywheel von Amazon repräsentiert genau dieses Prinzip: der Mechanismus wirkt wie ein geschlossener Kreislauf und intensiviert sich je konsequenter es angewendet wird.

    Quelle: Amazon Jobs

    Die Mechanismen sind etwas anderes als reine „Prozesse“. Prozesse haben oft den entscheidenden Nachteil, dass sie sich ausschließlich auf die Abläufe im Unternehmen beziehen – und so den Fokus auf Kundenergebnisse verlieren. Der Blick sollte also darauf gehen: Schlechte Kundenergebnisse aber immerhin an den Prozess gehalten? Oder: Bedient der Prozess unsere und die Bedürfnisse des Kunden?

    7 Beispiele von Amazon für diese erfolgreichen Mechanismen:

    • Leadership Principles
    • Press Release und FAQ
    • WBR (Weekly Business Review)
    • CS Andon Cord
    • Interviewprozess (Bar Raiser)
    • All Hands Awards (Just do it Award, Door Desk Award)
    • Fragezeichen-Mails von Jeff Bezos bei Kundenbeschwerden

    Digital-DNA: Amazon Leadership Principles

    Mit den Leadership Principles vermeidet Amazon die falsche „Great Man Theorie“, dass eine begnadete Führungskraft allein das Boot steuert. Denn: Kann man in Zeiten der Digitalisierung als einzelne Person erfolgreich alles im Blick behalten, und dann vor allem die richtigen Entscheidungen treffen?

    Legendär ist das erste Prinzip der Customer Obsession. Jeff Bezos Ansatz ist: der Kunde ist Zentrum des Amazon-Universums und alle Maßnahmen werden an den dauerhaften Regeln der Kundenzufriedenheit ausgerichtet. Endergebnis: jeder Kunde will sein Produkt immer etwas billiger und immer schneller. Diese Radikalität hat Amazon zu dem gemacht, was es heute ist.

    In diesem empfehlenswerten Video zu den 14 Amazon Leadership Prinzipien werden diese und alle anderen Prinzipien hervorragend durch keinen geringeren als Jeff Bezos selbst vorgestellt und beschrieben.

    Also, am besten vom Meister lernen, und für mehr Inspiration wieder hier vorbeischauen!

  • Amazon, Flugzeuge und was das für den Online-Handel bedeutet

    Was sind die News?

    Amazon übernimmt Schritt-für-Schritt die gesamte Transportkette – nicht nur auf der letzten Meile sondern auch auf der ersten, konkret in der Luftfracht. Dabei agierte Amazon bisher ganz „asset-light“. Weder die Flugzeuge, noch die Crews waren Teil von Amazon, noch nicht einmal Luftverkehrsbetreiberzeugnisse besaß Amazon. Somit war Amazon eine rein virtuelle Luftfrachtgesellschaft, die de facto nur den Frachtraum vermarktete. Amazon setzte auf das in der Branche bekannte ACMI-Leasingmodell (Aircraft, Crew, Maintenance, Insurance) und ließ die Maschinen von Subunternehmern wie ATSG oder Atlas Air fliegen.

    Doch jetzt ändert Amazon seine Frachtstrategie und lässt auf eigenen Namen und Bücher Frachtflugzeuge entsprechend registrieren. In Leipzig sucht Amazon sogar 200 Mitarbeiter für den Ausbau der Bodenabfertigung für Übersee-Luftfracht. Das dürften schlechte News für DHL sein, die bisher für Amazon Luftfracht zwischen USA und Europa fliegen. Ein Schelm wer Böses denkt: Dieses Geschäft wird schon bald durch Amazon selbst betrieben!

    Warum ist das für den Online-Handel relevant?

    Luftfracht wird gerade durch Corona immer teurer. Eigentlich verrückt: Auf der einen Seite stehen die großen Passagiergesellschaften kurz vor dem Ruin – und Cargo-Kapazitäten sind knapp. Durch die bevorstehende Verteilung eines Covid-19 Impfstoffes werden diese sogar noch weiter verknappt werden. Die Charter- und Leasingraten werden weiter steigen und damit auch die Preise für Luftfracht. Genau dagegen will sich Amazon schützen! Online-Händler die für Direct Injection z.B. in die USA oder auch für ihre Supply Chains auf entsprechende Beiladekapazität angewiesen sind, sollten über frühzeitige Neuverhandlung ihrer Konditionen mit Forwardern etc. nachdenken.

  • Dropshipping – Beispiele und Erfolgsfaktoren

    Dropshipping bewährt sich seit einiger Zeit im E-Commerce und Direct to Consumer. Es bietet auch etablierten Händlern viele Vorteile: Sie können ihr eigenes Sortiment kostengünstig und ohne großes Risiko erweitern. Die Lagerung und der Versand erfolgt durch sogenannten Dropshipper (meist ein Hersteller oder Großhändler). Sobald ein Kunde einen Artikel bestellt, leitet der Händler diese Bestellung an den Dropshipper weiter. Dieser versendet den Artikel direkt an den Kunden, üblicherweise ohne dabei als Versender aufzutreten.

    Gerade aus der Einkaufs-Perspektive ermöglicht Dropshipping eine agile Sortimentserweiterung

    • Gezielt neue Sortimente online und auch stationär verfügbar machen
    • Long-Tail in bestehenden Categories ohne größeres Risiko
    • Risikofreies Testen neuer Sortimente, z.B. angepasst auf Nachfrage, Wetter, Trends etc.
    • Längere Verweildauer und höhere Conversions durch Bespielen neuer Marken und Themen im Online-Shop

    Neben dieser Perspektive, stellt Dropshipping auch operativ eine Ausprägung des Lean E-Commerce Managements dar.

    Best-Practice Beispiel aus der Möbel-Branche: Zanui statt Wayfair

    In vielen Branchenanalysen wird Wayfair als ein Dropshipping-Champion gesehen. Allerdings: Wayfair baut massiv eigene Läger auf, erweitert seine Kompetenz für Lean Logistics, um den Versand als wesentlichen Hebel für besseres Kundenerlebnis im Online-Möbelgeschäft mehr in der Hand zu haben. Stattdessen ist in der Möbel-Branche ZANUI aus Australien wesentlich interessanter:

    • Zanui verkauft neben Artikeln aus eigenen Lagern auch via Dropshipping (ca. 60% Umsatzanteil)
    • Ca. 250 Lieferanten mit in Summe mehreren tausend Artikeln
    • Hohe Heterogenität bei angeschlossenen Partnern (von 10 Artikeln bis zu 3.000 gelistete Produkte je Lieferant)
    • Aktive Ansprache aller Lieferanten, teilweise persönlich, und dadurch starke Bindung an Zanui als Plattform so dass daraus teilweise Eigenmarken-Kollektionen entstanden sind

    Operative Dropshipping-Anbindung muss vom Lieferanten her gedacht werden

    Damit Dropshipping auch operativ ein Erfolg wird: möglichst einfache Anbindung für den Lieferanten. Gerade hier machen es viele Händler ihren Partner noch zu schwer! Beispiel sind veraltete EDI-Systeme zur Anbindung oder hoher manueller Aufwand in der nicht massentauglichen Produktdatenpflege.

    Dabei gibt es durchaus Standard-Systeme am Markt die sich nutzen lassen und auch in bei den Prozessen lassen sich viele Best-Practices abschauen (siehe Teil 2- Dropshipping – Systeme, Prozesse und Organisation)

  • Permanente Inventur mittels Drohne

    Inventuren sind ein dauerndes Ärgernis in der Lagerlogistik. Die Verfahren wie Stichtagsinventur sind zeitaufwendig. Oft wird zusätzliches Personal benötigt, es kommt zum Stillstand des eigentlichen Pick, pack and ship etc.

    Das Fraunhofer Institut hatte im Rahmen eines Forschungsprojekts die Drohne InventAIRy entwickelt, die Lagerbestände automatisch lokalisiert und inventarisiert. Dazu wurden autonome Flugroboter mit einer Sensorik ausgestattet. Die Sensoren sorgen dafür, dass die Flugroboter ihre Umgebung selbständig wahrnehmen und analysieren sowie Barcodes und RFID-Chips auslesen können. 

    Das Projekt hat es nun zu einer Ausgründung gebracht – die Deutsche Verkehrszeitung DVZ hat in einem lesenswerten Artikel ein paar Vor- und Nachteile zusammengetragen.

  • First Mile: Anbieterüberblick

    FreightHub, InstaFreight, Loadfox und SevenSenders  – sie sprießen überall und immer schneller aus dem Boden: Startups, die die verschiedenen Schritte der Spedition und Fracht (See- und Luftfracht, Schienengüterverkehr, Lastwagentransporte) atomisieren und mittels Technologie neu zusammensetzen. Und was macht die etablierte Branche? Schaut zu und wundert sich…

    So hat eine aktuelle Studie von McKinsey, Kühne Nagel University und Google ergeben, dass immer mehr Firmenkunden aktiv bei Google nach relevanten Suchbegriffen suchen – aber nur auf ein schmales Online-Angebot treffen: nur 6% der 18 größten Seefrachter und Speditionen bieten durchgehende Online-Buchungsmöglichkeiten an.

    Da haben die Plattformen leichtes Spiel: Sofort-Preisangebote, Realtime-Buchung online und komplette Abwicklung über E-Payment sind nur einige der Features, die immer mehr den Kundenzugang abschöpfen werden.

  • eBay Fulfillment führt zu Kopfschütteln

    „Als ein führendes globales Handelsunternehmen sind wir überzeugt, dass die Logistik von strategischer Wichtigkeit ist, um die Käufer- und Verkäufer-Erfahrung auf unserer DTC-Plattform zu verbessern“, sprach Michael Pasch, Senior Director Loyalty & Logistics bei eBay – und hinterlässt aus einer Operations-Perspektive doch viel Kopfschütteln und eine gewisse Skepsis über den gewählten Ansatz.

    Das gab es doch schon mal alles – ganz früher

    eBay hatte mal große Pläne mit Magento und eBay Enterprises (ehemals GSI Commerce) eine Art Ökosystem für seine Händler aufzubauen – auch und gerade im Fulfillment. Ergebnis: Eingestampft und unter Kaufpreis weitergereicht. Auch das auf eBay spezialisierte Order-Management-Tool Afterbuy hat man unsinnigerweise abgestoßen.

    Das gab es doch schon mal alles – in 2017

    Wie das bei Marktplatz-Themen immer sehr gut informierte Blog Wortfilter schon im September 2017 berichtete, pilotierte eBay das Fulfillment-Programm. Damals noch mit DHL als Fulfillment-Partner, jetzt eben mit Fiege.

    Und jetzt: wenig Erkenntnis und wenig Mut 

    eBay hat also die besondere Bedeutung eines eigenen Fulfillment-Programms erkannt – und setzt durchgängig nur auf externe Partner. Ein Flickenteppich an Lösungen. Das mag man gerne als „asset light“ und somit smart preisen – aber für ein Unternehmen, dass angeblich den besonderen Wert der Logistik erkannt hat – und mit Amazon konkurriert – ist das doch etwas zu schmal gedacht. Schauen wir uns einmal das Setup en detail an:

    • Fiege übernimmt an seinem Standort Apfelstädt bei Erfurt das Warehousing inkl. Pick & Pack für die Händler-Artikel
    • Hermes ist der KEP-Dienstleister für den Versand der Pakete
    • Die technische Anbindung an dieses Fulfillment-Angebot erfolgt durch Plentymarkets

    Gerade bei einem heterogenen Sortiment kommt einem flexiblen Warehousing-Setup eine besondere Bedeutung zu – denn sonst wird sich zu schnell nur wieder auf kleinvolumige + Fashion-Artikel fokussiert. Gerade bei eBay scheint es mir aber viele sehr unterschiedliche Sortimente zu geben. Oft eine besondere Herausforderung für externe Fulfillement-Dienstleister.

    Jeder dieser Partner will natürlich auch „ein Stück vom Kuchen“, sprich Profit, abhaben. Daher erscheint es mir zweifelhaft, ob das Fulfillment-Programm z.B. wirklich viele verschiedene Produktkategorien aufnehmen kann (von Elektronik über Fashion bis hin z.B. zu Sperrgut) – oder eben attraktive Konditionen für die eher preissensiblen Powerseller anbieten kann.

    Was wäre denn besser gewesen?

    Na wenigstens hätte eBay die Logistik selber machen können z.B. unterstützt mit bewährten Lean Logistics Methoden (Lean Warehousing)- oder, wenn schon, dann einen reinen Intralogistiker als Generalunternehmer nutzen sollen. Durch diesen Ansatz hätte man sich einige Prozentpunkte Marge mehr gesichert und diese nutzen können um die oben angesprochenen Nachteile zu reduzieren. Auch erschließt sich mir nicht, warum der Technologiepart nicht vollständig durch Shutl abgebildet werden konnte – schließlich war die Tech-Expertise der Hebel für die Konsolidierung des Last-Mile-Marktes in UK.

    Aber lassen wir uns mal überraschen, angeblich sollen die Kosten nun doch unter denen von FBA liegen.

    eBay Versand erscheint dagegen hochgradig sinnvoll

    Dabei verbarg sich in der Pressemitteilung von eBay durchaus noch ein sehr sinnvoller Service: Versandunterstützung von eBay für kleinere Händler. Hier holt der KEP-Dienstleister zu einer attraktiven Cut-off Zeit („nach 14.30 Uhr“) die Pakete beim Händler ab und speist diese in seine Zustellung ein. Hier scheint dann auch ausschließlich die Shutl-Technologie auch als Schnittstelle zum Händler zum Einsatz zu kommen…