Ungewissheit und Gewinnwarnungen im globalen Einzelhandel und E-Commerce

Der weltweite Einzelhandels- und E-Commerce-Sektor sieht sich mit einer Reihe von Gegenwindfaktoren konfrontiert, von der durch die zunehmenden Handelsspannungen verursachten Unsicherheit bis hin zur Verlangsamung des Wachstums im E-Commerce. Erst geben große Einzelhändler Gewinnwarnungen heraus, die darauf hindeuten, dass die Lage schlimmer sein könnte als erwartet. Walmart zum Beispiel schockierte die Märkte mit der Ankündigung, dass seine Gewinne aufgrund von Faktoren wie Inflation und Wachstum des Online-Handels geringer ausfallen werden als erwartet. Dann wieder gibt es Ausblicke von Unternehmen wie „About You“, die den Abschwung nur als mittelfristiges Intermezzo interpretieren. Dies ist nur das jüngste Anzeichen dafür, dass der Einzelhandelssektor die Auswirkungen einer schwächelnden Wirtschaft zu spüren bekommt und die Prognose von hoher Unsicherheit geprägt ist.

Während sich die Einzelhändler auf einen wirtschaftlichen Abschwung vorbereiten, sind die Beschäftigten im E-Commerce besorgt, dass Entlassungen bevorstehen könnten. Angesichts der wachsenden wirtschaftlichen Unsicherheit zögern viele Unternehmen, in neue Projekte zu investieren oder neue Mitarbeiter einzustellen.

Uneinheitliches Bild macht Experten bei Prognosen zu schaffen

Es ist noch zu früh, um zu sagen, wie schwerwiegend die Auswirkungen der Konjunkturabschwächung im Einzelhandel sein werden, aber es ist klar, dass Unternehmen und Verbraucher zunehmend besorgt über den Zustand der Wirtschaft sind. Angesichts der Gewinnwarnungen großer Einzelhändler und der Tatsache, dass Beschäftigte im E-Commerce mit Arbeitsplatzverlusten rechnen müssen, stehen dem globalen Einzelhandel einige schwierige Monate bevor.

Juli 2022: Gewinnwarnung von Walmart – schwacher Ausblick von Zalando

Im Juli 2022 senkte Walmart seine Gewinnprognosen für das zweite Quartal und das laufende Jahr aufgrund der Auswirkungen der Inflation auf die Kaufgewohnheiten der Kunden. Das Unternehmen führte Bedenken über einen möglichen wirtschaftlichen Abschwung an und warnte, dass Entlassungen im E-Commerce-Sektor bevorstehen könnten. Gerade der Mode-Bereich bei Walmart war laut Aussage von Walmarkt CEO Doug McMillon besonders unter Druck geraten.

Zalando hatte im Juli seine Erwartungen für 2022 deutlich nach unten korrigiert und rechnete nur noch mit 10,5 Mrd Euro Umsatz für 2022 (statt zuvor 12 Mrd Euro). Die GMV-Erwartungen hat Zalando von 17 Mrd. Euro auf 15 Mrd. Euro reduziert.

Direkter Konkurrent About You war dabei zeitgleich weniger pessimistisch: Das Unternehmen bekräftigte seinen Ausblick für 2022 und sprach von robustem Umsatzwachstum.

August 2022: Bei Walmart war dann doch alles nur halb so schlimm?

Die jüngste Ankündigung von Walmart, dass sein Umsatz im zweiten Quartal trotz der Angst vor einer inflationsbedingten Veränderungen im Verbraucherverhalten um 8,4 % gestiegen ist, ist eine gute Nachricht für den globalen Einzelhandelssektor.

Zeichen für einen weiteren Abschwung im globalen Einzelhandel & E-Commerce

Auch wenn die Prognose schwerfällt, sehen einige Branchenbeobachter Zeichen für eine Verschärfung des Abschwungs in der Handelsbranche:

Der E-Commerce-Umsatz stagniert, nachdem er in den Jahren 2020 und 2021 stark angestiegen war. Und obwohl sich die Besucherzahlen im Einzelhandel von den Tiefstständen der Pandemie erholt haben, liegen sie immer noch unter dem Niveau vor der Pandemie. Jahrelange Trends, darunter der Niedergang der Kaufhäuser wie Kaufhof / Karstadt, zeigen keine Anzeichen für eine Umkehr. Trotz der gesunden Verbrauchernachfrage könnten sich die Unternehmen auf einen wirtschaftlichen Abschwung einstellen.

Im Zuge der Umstellung des Einzelhandels vom stationären auf den Online-Handel werden in den kommenden Monaten viele Arbeitsplätze wegfallen. Dazu gehören auch Entlassungen, die aufgrund der wachsenden wirtschaftlichen Unsicherheit drohen. Einige dieser Stellen können jedoch an anderer Stelle innerhalb des Unternehmens (eben dem E-Commerce) oder in anderen Bereichen wie Nachhaltigkeit, Technologie oder Logistik besetzt werden.

Zeichen für eine weiterhin positive Wachstumsperspektive

Aber man kann es auch alles wesentlich positiver sehen:

Niemand hat damit gerechnet, dass der Online-Shopping-Boom der Pandemie ewig anhalten würde, aber die schnelle Rückkehr zum Normalzustand vor der Pandemie hat viele in der Branche überrascht. Was oft vergessen wird: Der Trend vor der Pandemie bei der E-Commerce jedes Jahr ein paar Prozentpunkte mehr der Verbraucherausgaben für sich beansprucht, war jahrelang sehr stabil und wird es auch wieder sein. Viele Einzelhändler sind auch in einer besseren Position, um aus diesem geordneten Übergang Kapital zu schlagen. 

Der pandemische Schock in der Lieferkette löst sich langsam auf. Der lange logistische Albtraum der Modebranche könnte bald ein Ende haben. Die Schifffahrtskosten sinken zusammen mit den Treibstoffpreisen. Aber wenn sich der Trend fortsetzt, wäre das ein Wendepunkt für die Einzelhändler, die dann besser vorhersagen können, wann die Ware eintrifft und was es kostet, sie von den Fabriken in die Läden und Lagerhäuser zu bringen.

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