Autor: Wolfram Latschar

  • Teleshopping und E-Commerce – Branchen-Herausforderung 2011

    Die Online-Shops der Teleshopping-Unternehmen in den USA generieren einen Umsatzanteil von fast 40%. Spätestens 2012 werden mehr als 50% online erlöst (laut Teleshopping-Experte Ingo Schnall). Und dabei ist dieses Potenzial noch nicht das Ende der Fahnenstange, wie nicht nur Ingo so zusammenfasst:

    Noch ist es den Teleshoppern erst in Ansätzen gelungen, seine Erfolgsfaktoren aus dem TV auf die Webwelt zu übertragen. Zu wenig Emotion, zu wenig Event, zu wenig Interaktion mit dem Kunden.

    Dabei ist das TV-Teleshopping genau dafür Vorreiter, was dem E-Commerce häufig noch so abgeht: das emotionale Verkaufen. Im TV wird in den Verkaufsshows wenig über die Eigenschaften des Produkts gesprochen, sondern es wird „geschwärmt, geträumt, Bedürfnisse geweckt“. Der Mensch macht das Gefühl – im TV. Die Moderatoren sind die Topseller und Umsatzbringer im Teleshopping, um sie wird heiss gekämpft.

    Auch online versucht QVC & Co seine Erfolgsrezepte umzusetzen, z.B. durch das Aufbauen des dedizierten Online-Hosts Courtney Cason. In dem lesenswerten Artikel von Ingo Schnall wird deutlich, das aber gerade dieses Adaptieren des TV-Erfolgskonzepts in die Online-Welt nur bedingt funktioniert bzw. noch nicht mit dem nötigen Mut vorangetrieben wird.

    Aufgrund dessen dass das Wachstum des TV-Teleshoppings – gerade in Deutschland – noch nicht ausgereizt ist und der E-Commerce-Impact erst vor der Entfaltung steht, ist der Teleshopping-Markt einer der spannendsten Märkte für 2011.

  • Trendreport 2011 – Emotionalisierung im E-Commerce

    Eine der Herausforderungen 2011 im E-Commerce ist der Trend zu mehr Emotionalisierung. Im Kern geht es darum aus dem Bedarfsdecker-Medium Internet einen Bedarfswecker zu machen, der zu Impulskäufen verleitet.

    Ein Trend der bereits mit Live- und Club-Shopping seit einigen Jahren an Fahrt aufnimmt und nun in Form von verfügbaren Online-Shop-Features auch von klassischen E-Commerce Playern übernommen wird.  Bei Live–Shops wie „one day – one deal“-Formaten (z.B. Woot) und Club-Ansätzen (z.B. Brands4Friends) stehen die limitierten Verkaufs-Aktionen im Vordergrund. Der Nutzer weiß häufig kaum im Vorfeld welche Aktionen laufen und wird über spielerische Elemente und eine gefühlte Verknappung des Angebots zu Spontankäufen verleitet. Solche emotionalen E-Commerce-Konzepte haben bisher vor allem die Power-Shopper im Internet adressiert. Dadurch dass mittlerweile viele dieser Features als Standardmodule in Shopsystemen verfügbar sind (z.B. die Magento Club-und Einladungsextension mit der bekannten Referenz Zalando Lounge), wird Emotionalisierung im Shop-Frontend auch die breite Masse von kleinen und mittleren Online-Shops noch stärker prägen. In diese Emotionalisierung im E-Commerce fallen auch solche „Features“ wie Blätterkataloge, In-Video-Shopping und Zoom-Serverlösungen.

    Emotionalisierung als Ausweg aus der Preisfalle?

    Spannend zu beobachten wird sein, wie diese Emotionalisierung im E-Commerce auch ohne Adressierung der Schnäppchenjäger-Mentalität der Nutzer erfolgreich umgesetzt werden kann. Denn daran kranken noch die meisten Live- und Club-Shopping-Konzepte: Diese funktionieren vor allem durch den (zumindest gefühlten!) deutlichen Preisvorteil gegenüber regulären Shops und Filial-Händlern. Ein Benchmark für die Verknüpfung der emotionalen Live-Shopping-Funktionalität mit exklusiven und hochpreisigen Produkten ist Charles & Marie (Soupe du Jour):

  • Begriffsverwirrung Multi-Channel-Retailing – Multichannel

    In der aktuellen Blog-Diskussion zur dominanten Strategie für den Erfolg im E-Commerce wird glücklicherweise immer besser zwischen Multi-Channel-Retailing, Hybrid-Modellen und Pure-Play-Ansätzen unterschieden. In Beratungsalltag mit diversen Versendern, stationären Einzelhandelsketten, Online-Händlern und Medienunternehmen stößt man aber immer noch auf mangelnde Trennschärfe in der Definition der unterschiedlichen Betreibermodelle im E-Commerce.

    A) Multi-Channel-Retailing / Multi-Channel-Handel (= Multichannel im engeren Sinne)

    = Verzahnung von stationärem (!!) Offline-Kanal mit dem Online-Kanal, z.B. John Lewis oder ARGOS.

    B) Hybrid-Modelle / „Mehrkanal-Händler“ (= Multichannel im weiteren Sinne)

    = Verknüpfung von einem bestehenden Absatzkanal mit Distanzhandel, ursprünglich in Form des Katalogs; z.B. Neckermann in den Anfangsjahren, Club Bertelsmann. In der heutigen Zeit vor allem Verzahnung mit Online-Absatzkanal, z.B. Otto. Die meisten heutigen Hybrid-Modelle finden sich in der typischen Konstellation „Katalog-Versender goes Online“.

    C) Online-Pure-Player

    = These, dass in Wachstumsmärkten die Fokussierung auf den wachstumstreibenden Kanal und ein Logistik- und Service USP entscheidend ist für den Erfolg, z.B. Amazon, Zalando.

    Beim modernen Multi-Channel-Handel der ersten Kategorie (A) wird im höchsten Reifegrad der Online-Kanal als strategische Wachstumschance erkannt und zum gleichberechtigten Kanal ausgebaut. Diese vollwertig in das Stationärgeschäft (!) integrierten Multi-Channel-Business Models bei denen der Online-Kanal signifikante zweistellige Prozentwerte des Gesamtumsatzes generiert, finden sich (fast) nur in UK und USA. ARGOS erwirtschaftete z.B. im Geschäftsjahr 2009/2010 43% seines Gesamtumsatzes durch Multi-Channel-Retailing-Maßnahmen (z.B. online reservieren – stationär abholen). Heinemann schätzt ein, dass in Deutschland allenfalls Globetrotter als echter Multi-Channel-Retailing Case gelten kann.

    Die Hybrid-Modelle der klassischen Mehrkanal-Jongleure (B) sind dagegen richtigerweise nicht zielführend. Wachstumshemmend wirkt sich häufig aus, dass bei Hybrid-Modellen das bisherige Geschäfts als „Lead-Channel“ definiert wird. Martin Meinreken von Yalook fasst auf dem Shopanprobe-Blog in seinem sehr lesenwerten Beitrag den Mythos der erfolgreichen Verzahnung von Katalog und Online so zusammen:

    Die Beispiele zeigen, wie stark sich die beiden Geschäftsmodelle eCommerce und Katalogversandhandel unterscheiden, obwohl beide zum Distanzhandel gehören. Katalog und Internet sind weit mehr als nur unterschiedliche Kanäle, beides sind eigene Geschäftsmodelle. Um im eCommerce erfolgreich zu sein, braucht es andere Prozesse, Denkweisen und letztlich auch Menschen mit dem passenden Know How.

    Bei dem Online-Pure-Player-Ansatz (C) ist es spannend zu beobachten, dass die Zahl dieser reinen Online-Player in den letzten Jahren kontinuierlich abgenommen hat. Mittlerweile kommen immer mehr Direct to Consumer Geschäftsmodelle hinzu, die aber selten gänzlich ohne stationäres Geschäft sind. Heinemann fasst in seinem Buch Web-Exzellenz so zusammen:

    Reine Online-Händler, also die „Pure-Online-Händler“, sind immer seltener anzutreffen. Insgesamt beträgt der Marktanteil der reinen Online-Händler am E-Commerce-Umsatz nur noch ca. 26 Prozent. Allerdings findet sich unter den „Pure-Playern“ auch die höchste Innovationsrate.

    Vor dem Hintergrund der oftmals schwierigen Unterscheidung zwischen „echtem“ Multichannel und „Hybrid-Modellen“ plädiert u.a. Heinemann für die Neupositionierung unter dem Begriff des Cross Channel Managements.

  • Zalando – Number Crunching

    Zalando gehört mit Sicherheit zu den E-Commerce-Gesprächsthemen 2010. Einige Zahlen, Daten und Fakten zum E-Commerce Phänomen Zalando.

    • Investoren haben Zalando mit 370 Millionen Euro bewertet
    • Zalando läuft nicht mehr auf Magento, auch nicht auf Hybris – sondern migriert auf eine Eigenentwicklung
    • Mehr als 300.000 Nutzer besuchen täglich Zalando

    Zalando Traffic

    • Die Spekulationen zum Umsatz reichen von 100 bis 400 Millionen Euro
    • Zalando hat von Januar bis September 2010 in Summe 59 Mio Euro mehr als in der Vorjahresperiode für TV-Werbung ausgegeben
    • Damit kommt Zalando auf eine Gesamt TV-Werbeleistung von 61 Mio Euro gegenüber nur 3 Mio Euro in 2009 (zum Vergleich: Otto kommt nur auf 13 Mio Euro; Zweitplatzierter Unister auf 39 Mio)
    • Aus dem ursprünglichen Geschäftsmodell der Samwers „rascher Exit an Zappos“ ist nichts geworden
    • Dadurch änderte Zalando seine Strategie und wandelt sich mehr und mehr zum Online-Shop mit dem breiten Fashion-Sortiment
    • Zalando kaufte im Mai 2010 das Online-Fashion-Outlet MyBrands und verfügt mit der Zalando Lounge über ein eigenes Club-Shopping-Outlet
    • Zalando hat mittlerweile die zwölfte Finanzierungsrunde hinter sich
  • iPod Nano als Armbanduhr – Best Practice im Crowdfunding

    Eine Technikidee, die sich um einen iPod Nano und eine Armbanduhr dreht, bricht aktuell alle Rekorde online. Auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter hat dieses Projekt bisher über 550.000 Dollar Startkapital von mehr als 8.000 Unterstützern eingesammelt. Die Idee zur iPod-Armbanduhr ist der US-Designfirma Minimal gekommen. Die Köpfe hinter Minimal haben mit maximal 12.000 Dollar gerechnet.

    Das TikTak-Projekt zeigt auf, wie man kreative Projekte besonders erfolgreich auf Crowdfunding-Plattformen darstellen kann:

    • Das Produkt wird als Erzählung dargestellt, bei der der gesamte Entwicklungs- und Produktionsprozess transparent wird. Dabei stellen die Macher ihre ersten Ideenskizzen vor und den Weg zum Prototyp. Sie erzählen somit die Geschichte hinter und zum Produkt.
    • Es werden hochwertige Fotos und Videos verwendet.
    • Die Finanzierung / Spenden können nicht nur mit einem festen Betrag erfolgen, sondern nach dem so genannten Treppenstufenkonzept. Dabei haben die Fans die Möglichkeit unterschiedliche Summen bereitzustellen. Schon mit 25$ kann man dabei sein und erhält die iPod-Armbanduhr zum Vorzugspreis. In weiteren Stufen geht es hoch bis zur 500$-Spende mit je Treppenstufe höheren Benefits für den Spender.
    Quelle: Minimal Designagentur
    Quelle: Minimal Designagentur

    Kickstarter hilft Erfindern, Künstlern und NGOs bei der Suche nach Unterstützung für ihre Ideen und Projekte. Burkhard Schneider vom Best Practice-Blog fasst das Konzept von Kickstarter so zusammen:

    Auf kickstarter kann man kreative Projekte unterstützen. Man erhält keine Beteilgung, wird aber trotzdem nicht ohne Gegenleistung abgespeist. Ja nach höhe der finanziellen Unterstützung können sich die Projektbetreuer individuell Dinge ausdenken, die sie als Gegenwert zur Verfügung stellen, ob das ein T-Shirt, eine Musik-CD oder ein Privatkonzert ist.

    Auf kickstarter können nicht nur Musiker Geld einsammeln, sondern alle Kreative. Es ist auch egal, ob es sich um ein Profit oder Non-Profit-Projekt handelt. Jedes Funding-Projekt ist zeitlich begrenzt und nur wenn die Mindestsumme zusammengekommen ist, müssen alle Supporter ihr Geld locker machen (via Kreditkarte). Im Falle des Erfolges erhält kickstarter 5 % Provision von dem eingesammelten Geld.

    Auch Garmz ist als Vermarktungsplattform für talentierte Modedesigner ein Beispiel für den Trend zum Crowdfunding. Analysten wie Joao Belo sind allerdings skeptisch, ob das Crowdfunding-Konzept von Garmz aufgehen kann.