Es lief über den Ticker der E-Commerce-Nachrichten: Das Ende der kostenlosen Retouren (in Deutschland) naht! H&M, Zara und Uniqlo verlangen in ihren E-Commerce-Shops bereits (wieder) Gebühren für Rücksendungen.
Jedoch zeigen Marktstudien wie von Accenture, dass die Mehrheit der großen deutschen Online-Shops weiterhin kostenlosen Versand und Retouren anbietet.
Wie passt das zusammen?
Für About You, Zalando und viele andere E-Commerce-Unternehmen sind kostenlose Rücksendungen ein wichtiger Faktor für ihre Markenstärke und ein insgesamt profitables Geschäft!
Und warum?
Die Kundengruppen, die dies in Anspruch nehmen, schicken zwar viel zurück, aber sie behalten auch viel. Der Customer Lifetime Value für diese Gruppen ist extrem hoch. Zalando & Co haben das schon sehr früh verstanden, und deshalb hieß es in der Zalando-Fernsehwerbung jahrelang: „Schrei vor Glück – oder schick es zurück.“ Ohne den zweiten Teil des Satzes wäre Zalandos Erfolgsgeschichten wahrscheinlich so nicht möglich gewesen.
Fehlende Umkleidekabine im E-Commerce
Auch aus Kundensicht ist die „fehlende Umkleidekabine“ schließlich der große Nachteil des Online-Shoppings. Und genau das wird im E-Commerce durch das Angebot kostenloser Retouren simuliert.
Aber genau da können wir in Zukunft ansetzen: Selbst kostenlose Rücksendungen sind im Vergleich zu einer Umkleidekabine zu umständlich. Deshalb setze ich auf Themen wie virtuelle Anprobe, Avatare etc. Auch hierfür gibt es bereits herausragende Beispiele, die in der Umsetzung funktionieren. Der Laufschuhhersteller Hoka bietet den Kunden mittels AI eine genaue Größenermittlung mit Strutfit, jetzt muss der Schuh nur noch gefallen.
Size Recommendation als Chance für kundenfreundliche Lösung des Retourenproblems
Etwas komplexer ist es im Fashionbereich. Eines der ungelösten Probleme des Modehandels – online wie offline – ist nach wie vor, schnell die richtige Größe zu finden. Viele Big Player wie Zalando beschäftigen sich schon seit Jahren mit dem Thema digitale Messung. Zalando hat Fision, einen 3D-Body-San-Spezialisten, mitsamt seinem Team übernommen. Die Erstellung eines Körperavatars des Kunden kann heute bereits über KI-gestützte mobile Lösungen zusammen mit den üblichen Kameras in Smartphones erfolgen. Aus diesen Daten errechnet die KI schnell ein dreidimensionales Abbild des Kunden, das dann mit den gewünschten Produkten, die auch als digitale 3D-Modelle in allen Größen zur Verfügung stehen, verglichen wird. So wird zum einen die optimale Größe für den Kunden individuell ermittelt, zum anderen wird die Passgenauigkeit visualisiert. Anhand dieser Größenempfehlung bestellt der Kunde nur Artikel, die ihm mit hoher Wahrscheinlichkeit passen werden.
Der Vorteil für den Kunden: Lästiges Anprobieren von Kleidung, die nicht passt, wird vermieden. Der Vorteil für den Einzelhändler: Konzentration auf die Stilberatung und drastische Reduzierung von unnötigen und für den Kunden auch unangenehmen Retouren aus dem Online-Shop.
Schließlich möchte kein Kunde die Frustration erleben, Kleidung, die er eigentlich haben wollte, zurückzuschicken, nur weil sie die falsche Größe hat.
Und schließlich zurück zu den Rücksendegebühren bei Zara & Co. Diese gelten nur für reine Online-Bestellungen. Die Rückgabe im Geschäft ist weiterhin kostenlos. Aus Sicht des Kunden ist das aber doch wirklich die schlechteste aller Lösungen. Ich muss meine Online-Bestellungen selbst in die Innenstadt fahren. Wir können nur für die Umwelt und den Kunden hoffen, dass dies nicht zur Regel wird.