Autor: Wolfram Latschar

  • Warum der Einzelhandel gerade jetzt so spannend ist

    Der Einzelhandel wird durch die digitale Transformation aktuell zu einer spannenden Branche. Die Kombination aus Technologieschub und neuem Kundenverhalten verändert radikal das Kundenerlebnis im Handel.

    In diesem lesenswerten HBR-Artikel wird aufgezeigt, dass der Handel ca. alle 50 Jahre eine Transformation erlebt:

    1. Durch die Urbanisierung in der industriellen Revolution kam es zum Erfolg der Department Stores wie Kaufhof, Macy’s & Co in den Stadtzentren.
    2. Nach den Weltkriegen ermöglichte die individuelle Mobilität durch Autos den zweiten Boom des Einzelhandels „auf der grünen Wiese“ außerhalb der Städte. Davon profitierten maßgeblich die BigBox-Konzepte wie MediaMarkt, BestBuy und die Malls.
    3. Danach griffen erfolgreich die Category Killer (z.B. Baumärkte wie Home-Depot, Obi) und Discount-Formate (z.B. Aldi, Lidl) die etablierten Player an.

    Jeder dieser Geschäftsmodell-Innovationen eliminierte nicht vollständig die vorhergehenden, aber veränderte dauerhaft die Kundenerwartungen an modernen Einzelhandel. Die „alten Formate“ sahen sich immer gezwungen ihre Mechanismen an die neuen, dominierenden Formate anzupassen (siehe z.B. Discount-Trend im LEH).

    Die aktuelle Geschäftsmodell-Disruption ist die digitale Transformation

    Die Mechanismen dieser digitalen Geschäftsmodelle verändern dauerhaft die Spielregeln des Einzelhandels. Zukünftig wird es immer schwerer E-Commerce Umsätze von stationären Umsätzen zu trennen, diese verwischen immer mehr. Das Spannende ist nun, dass die Transformation nicht nur in Pure-Online Modellen stattfindet, sondern auch das „In-der-Filiale Kundenerlebnis“ verändert. Ein Blick in die USA oder auf die Erfolgsgeschichte der Apple Stores hilft dies zu erkennen.

    Digitale Transformation verstärkt dabei die Bedeutung des „human touch“ des Einzelhandels

    Das Spannende bei der Transformation des Einzelhandels ist dabei, dass die digitale Technologie den Wert der persönlichen Beratung und des Verkaufs nicht eliminiert, sondern ganz im Gegenteil noch verstärkt. Wenn es nur um Auswahl und Preise geht, haben in vielen Einzelhandelsbereichen die Stationärhändler keine Chance gegen den Online-Wettbewerb, siehe BestBuy vs. Amazon oder Görtz vs. Zalando. Diese Betonung der Stärken des Einzelhandels steckt dabei noch in den Ansätzen und macht die Zukunft des Einzelhandels so spannend.

  • Trend: Zalando und Fab.com holen Prozess- und Technologiekompetenz inhouse

    Am Beispiel des Insourcing des Technologielieferanten von fab.com lässt sich exemplarisch aufzeigen, wie E-Commerce Unternehmen in einem höheren Reifegrad die Kernkompetenzen in IT und Prozessen als strategisches Asset betrachten. Fab.com hat laut dieser Meldung seinen IT-Dienstleister aus Indien „True Sparrow Systems“ zu einer unbekannten Summe gekauft. Der Fab-CEO Jason Goldberg macht in seinem Statement deutlich, dass die IT-Technologie mehr als nur Supportfunktion für den Erfolg von fab.com war:

    „A large part of our success has been due to the technology team at True Sparrow. We wanted to make sure that as we make Fab into a long-term sustainable business, the technology team is a part of the company. Ours has been much more of a partnership and collaboration than outsourcing. Now, it is great to bring it together as one company.“

    Auch andere Beispiele von E-Commerce Unternehmen mit einem höheren Reifegrad (auf den Dimensionen Umsatz, Wachstum etc.) unterstreichen die Bedeutung von Fulfillment-Prozessen und IT nicht nur für die wirtschaftliche Skalierbarkeit der Geschäftsmodelle sondern auch und gerade für die Differenzierung im Kundenerlebnis. So wurde Anfang 2012 bekannt, dass Zalando eigene Logistikkapazitäten aufbaut und seine Wertschöpfungskette über Zalando-Serviceunternehmen für Dritte öffnet. Amazon ist hier bereits seit Jahren Vorreiter und belegt durch überragende Abwicklungsleistungen wie Amazon Prime die Sinnhaftigkeit der Maxime „Service ist das neue Marketing„.

  • Der Engpass ist am Hals der Flasche – Digitale Transformation meistern

    Senior Manager sind häufig die größten Verteidiger der tradierten Geschäftsmodelle. Erfahrung ist allerdings nur dann sinnvoll eingesetzt, wenn die Zukunft wie die Vergangenheit sein wird. Eben diese Fortschreibung der Vergangenheit ist nicht Kennzeichen der digitalen Transformation, siehe z.B. Best Buy vs. Amazon oder Görtz vs. Zalando. Als Entscheider im Einzelhandel kann man somit das Ende nicht vom Anfang her sehen. Der Strategieprozess führt häufig zu Erkenntnissen, die nicht jedem Top-Manager gefallen, aber den Weg für neue Geschäftsmodelle Direct to Consumer öffnen.

    Orientierungskompass in der digitalen Transformation

    Dieser Strategieprozess mit dem Ziel der Definition eines E-Commerce Geschäftsmodells lässt sich dabei in vier Felder unterteilen:

    E-Commerce Navigator

    Alle diese Felder des E-Commerce Navigators unterliegen dabei einer permanenten Fortschrittsbeobachtung mit Feedback (Performance Management).

    Dieser E-Commerce Navigator kann genutzt werden, um in den einzelnen Arbeitsfeldern neue Optionen zu generieren. Das Handwerkszeug für diese Aktionsfelder findet sich bereits in zahlreichen Blogbeiträgen, Podcasts, Büchern und Konferenzbeiträgen. Diese Fragmente zusammenzuführen und zu kommentieren ist ein Ziel dieses Blogs.

  • Capital Handelsgipfel 2012 – Key Findings zusammengefasst

    Auf dem Capital Handelsgipfel gab es laut Programm interessante Vorträge, u.a. anderem von Florian Heinemann von Project-A. Für jeden, der nicht dabei sein konnte, gibt es im Folgenden eine lesenswerte Zusammenfassung der Kernaussagen der verschiedenen Präsentationen:

    Via Kassenzone-Blog – danke!

  • Gamification im E-Commerce – Ziele und Erfolgsfaktoren

    Gamification im E-Commerce ist die Steigerung von Nutzungsmotivation durch den Transfer von Spielemechaniken aus Computerspielen auf Online-Shops. Die Geschäftsziele von Gamification im E-Commerce können sein:

    • Höheres Engagement der Nutzer und Kunden im jeweiligen Shop und mit den angebotenen Produkten („Shop-Stickiness“). Die Nutzer sollen mit den Angeboten im positiven Sinne immer wieder konfrontiert werden und sich damit auseinandersetzen.
    • Erhöhung der Stammkundenquote und der Loyalty. Die Nutzer interagieren häufiger und von sich aus mit dem E-Commerce Angebot. Diese Kundenbindung lässt die Stammkundenquote steigen und verringert Ausgaben für Neukundenakquisition über SEA & Co.
    • Verbesserung der allgemeinen User-Experience im Shop, insbesondere in der Dimension „Kundenbindung“. Dadurch die Möglichkeit einen USP in diesem Bereich aufzubauen und den Online-Shop in der Kundenwahrnehmung zu differenzieren. Gamification ist dabei für Online-Shops eine Element unter mehreren, um diesen USP aufzubauen (anders für reine Gamification-Geschäftsmodelle).

    Somit reicht es nicht aus bestehende Online-Shops einfach um Points, Ranglisten und Badges zu ergänzen und auf den Run der spielfreudigen User zu warten. Wie lassen sich also Gamification und E-Commerce sinnvoll miteinander verbinden? Welche Erfolgsfaktoren sind zu beachten?

    1. Für wen ist Gamification in Online-Shops sinnvoll: welche Kundengruppen (z.B. Casual Gamer) muss ich im Shop bereits haben oder gewinnen können, um sie mit Gamification an mich zu binden? (Erfolgsfaktor Zielgruppe)
    2. Definition eines Nutzenvorteils für diese Zielgruppen. Welches Leistungsversprechen gibt der Gamification-Ansatz in dem konkreten E-Commerce Umfeld (Punkte, Rabatte, soziale Anerkennung, VIP-Club Zugehörigkeit etc.)? (Erfolgsfaktor Leistungsverprechen im Gamification-Kontext)
    3. Wie lassen sich mit Spielemechaniken diese Leistungen an die Kunden vermitteln? Welche Spielemechaniken stehen zur Verfügung und welche davon sind überhaupt für E-Commerce spezifische Modelle anwendbar? (Erfolgsfaktor Anwendung Spielemechaniken im E-Commerce Kontext)

    Die Beantwortung der Fragen und Darstellung der Erfolgsfaktoren folgt in einem zweiten Teil.

  • Starbucks App als Beispiel für pragmatischen M-Commerce

    In den Diskussionen rund um Mobile Commerce finden sich viele Meinungen und Vorurteile. Pragmatisch gut umgesetzte und wirtschaftlich erfolgreiche Beispiele finden sich noch zu selten. Ein gutes Beispiel für den cleveren, weil vom Kunden her gedachten M-Commerce ist die Starbucks-App mit mobiler Bezahlfunktion.

    Quelle: Starbucks.com
    Quelle: Starbucks.com

    Die Starbucks-App ermöglicht es Kunden ihre Starbucks-Kundenkarte in der App zu verwalten, die Karte mit Geldguthaben über Kreditkartentransaktionen aufzuladen. Die App generiert einen Barcode, der am Point-of-Sale im lokalen Starbucks eingescannt werden kann und zur Abbuchung des enstprechenden Betrags führt.

    Die Vorteile aus Nutzerperspektive liegen auf der Hand:

    1. Kaffee ist ein häufig und regelmäßig gekauftes Produkt
    2. Kunden wollen schnell an ihren Kaffee kommen und ihren Besorgungen weiter nachgehen
    3. Kunden wollen auf lästiges Bargeld verzichten und schnell zahlen

    Ergänzt werden diese Use-Cases noch um die bequeme Möglichkeit Bonuspunkte über die App im Rahmen des Starbucks-Kundenbindungsprogramms zu sammeln. So ist die Kundenkarte immer zur Hand.

    Der Clou aus Unternehmens- und Prozessicht:

    Die App generiert einen Barcode, der an den bereits vorhandenen Scannerkassen bei Starbucks genutzt werden kann. Es ist also kein NFC nötig! Eine echte Low-Tech Alternative, die in der Implementierung einiges an Aufwänden einspart.

    M-Commerce ist ein Wettbewerbsvorteil für Starbucks:

    M-Commerce über die eigene App ist laut Aussagen von CEO Schultz mittlerweile ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil um Kunden an sich zu binden und die Umsätze mit diesen Stammkunden zu steigern. Einige Fakten zu dem wirtschaftlichen Erfolg der App:

    • 26 Millionen mobile Transaktionen seit dem Launch der Starbucks Mobile-App im Januar 2011
    • Nach den ersten Tests in den USA, ist die mobile Bezahlmöglichkeit mittlerweile auch in Kanada und UK verfügbar
    • In 2011 wurde ein Transaktionsvolumen in Höhe von 110 Millionen Dollar auf die Mobile-App geladen. Zum Vergleich: Auf die physischen Kundenkarten wurden im gleichen Zeitraum ca. 2,4 Milliarden Dollar geladen.